Neckar-Odenwald-Kreis. Schon zur Tradition geworden ist inzwischen die Frühjahrstagung zur Sicherheitspolitik des Kreisverbandes Rhein-Neckar-Odenwald des Verbanders der
Reservisten der Deutschen Bundeswehr in Aglasterhausen. Was Kreisvorsitzenden Wilfried Meissner besonders freute war die Tatsache, dass inzwischen außer den Reservisten aus dem gesamten
Kreisgebiet von Weinheim, Mannheim bis Hardheim auch interessierte Mitbürgerinnen und Mitbürger an diesen Informationsveranstaltungen zu sicherheitsrelevanten Themen kommen. Damit werde eines der
Verbandsziele, nämlich den Kontakt zwischen aktiver Truppe und Zivilbevölkerung anzustreben und auszubauen, optisch sichtbar erreicht. Auch mit der Wahl der jeweiligen Themen hatte man in den
letzten Jahren jeweils die richtige Auswahl getroffen. Der gute Besuch zeigte, dass auch das Thema dieser Frühjahrstagung „Afghanistan – Auftrag und Einsatz des German Police Project Team“
höchste Aktualität hatte. Mit Polizeioberkommissar Joachim Bahndorf vom der Polizeipräsidium Mannheim sprach ein Einsatzpolizist mit jahrelanger Auslandserfahrung. POK Bahndorf gehört zum
deutschen Auslandskontingent für polizeiliche Auslandseinsätze, das zunächst im Kosovo und zuletzt in Afghanistan die örtliche Polizei in die Lage versetzen soll, nach jahrzehntelangem Krieg
langsam eine zivile Sicherheits-Infrastruktur aufzubauen. Bei diesem bilateralen Projekt – ein Ergebnis der Petersberger Beschlüsse von 2011 – wirkte POK Bahndorf sowohl aus Verbindungsoffizier
zu den ISAF-Truppen im Stab des Regional Command North unter Generalmajor Schütt, wie auch als Sicherheitsberater in der Ausbildung der afghanistanischen Polizeioffiziere der neu aufgestellten
Polizei.
Der Kreisvorsitzende Wilfried Meissner begrüßte unter den zahlreichen Gästen die Bürgermeister-Stellvertreterin von Aglasterhausen Simone Heitz, Landrat a.D. Gerhard Pfreundschuh, Oberst d.R.
Roland Ziegler und den stellvertretenden Kreisbrandmeister Erich Wägele.
Die stellvertretende Bürgermeisterin von Aglasterhausen Simone Heitz überbrachte die Grüße der Gemeinde und von BM Sabine Schweiger und betonte, dass man diese alljährliche Sicherheitspolitische
Frühjahrstagung gerne in Aglasterhausen sehe und unterstütze. Heitz ging darauf ein, dass mit dieser Polizei-Ausbildung in Afghanistan hoffentlich langfristig helfe, Infrastrukturen für die
Zukunft zu schaffen. Insofern sei dieses deutsche Engagement zur Schaffung einer Sicherheitsstruktur sicher langfristig sinnvoll, aber erfordere einfach Zeit und Verständnis für dieses schon seit
Jahren sich im Krieg befindliche Land.
Mit dem Dank des Vorsitzenden an die örtliche Reservistenkameradschaft um Marcel Noe und Mike Dörsam und an alle Reservistenkameradschaften im Kreis für die tatkräftige Unterstützung der Arbeit
des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge durch den Volksbund-Kreisbeauftragten Gerd Teßmer und dem Hinweis, dass man Anfang Juli auch dieses Jahr die deutsch-französische Kooperation der
Reservisten mit einem Frankreichbesuch fortsetze, ging man zum Thema des Abends über.
Der Referent des Abends POK Joachim Bahndorf führte zunächst in die Aufgaben des German Police Project Team (GPPT) ein. Nach einer Einführung in die Verwaltungsstrukturen von Afghanistan in
verschiedene Provinzen mit besonderer Berücksichtigung der von Deutschland übernommenen Nordost-Region wurde schnell deutlich, dass man jede deutsche Hilfe, sei es von Bundeswehr und Polizei oder
von Nicht-Regierungsorganisationen als schwierige und langfristig angelegte Projekte sehen müsse. Ohne die Bundeswehr als militärische Sicherheitsvoraussetzung sei allerdings keine
Strukturverbesserung in Verwaltung und Infrastruktur und Vor-Ort-Hilfe möglich. Auch müsse zur Kenntnis genommen werden, dass in Afghanistan der Unterschied zwischen Armee und Polizei fließend
sei. Der Referent zeigte auf, dass es in Afghanistan darum gehe, die von der Provinzregierung angeworbenen Polizei-Anwärter durch eigene Ausbilder in ihre Aufgaben einführen zu lassen. Deshalb
obliege es dem GPPT, den zukünftigen Polizei-Offizieren nach vorgegebenen Zielen für eine selbständig arbeitende einheimische Polizei Rüstzeug, Verhaltensregeln, Schießausbildung und Sicherheits-
und Verwaltungsstrukturen zu vermitteln.
Dabei wurde sehr schnell erkennbar, welche finanziellen Mittel die Bundesrepublik hatte aufwenden müssen und noch einbringen muss, um die Ausbildungsarbeit überhaupt erst aufnehmen und dann
sichern zu können. Erste Erfahrungen gebe es schon, da man den Standort Kunduz und Feizabad inzwischen in afghanische Hoheit überführt habe. Zwar sei das Ansehen der deutschen Ausbilder bei den
Einheimischen recht hoch, aber es werde sich zeigen müssen, wie und wie lange das überlassene Wissen von den einheimischen Polizei-Einheiten nach dem Abzug der deutschen Berater und der deutschen
Logistiker intakt bleibe und umgesetzt werde.
Da die örtliche Polizei auch weibliche Kräfte in ihren Reihen habe, wären Fragen der Gleichberechtigung und gegenseitigen Achtung landes- und stammesspezifische Herausforderungen gewesen. Gerade
diese Gleichberechtigungsfragen und das gegenseitige Miteinander erfordere ein täglich wiederkehrendes Überdenken der eigenen Handlungsweise, denn die Afghanen seien nun mal nicht nur ein
stolzes, sondern auch ein sensibles Volk.
In seiner abschließenden Zusammenfassung legte POK Bahndorf Wert darauf, dass man den Erfolg und den Nutzen dieses Einsatzes langfristig zu sehen habe. Nach hundert Jahren Krieg gegen jeweils
ausländische Invasoren, dauere es halt Jahre bis man sich daran gewöhne, dass die Feinde von gestern nun plötzlich als Freunde und Helfer kämen, die wirklich Gutes für das Land tun wollten. Für
POK Bahndorf fiel der Rückblick auf diesen Einsatz durchaus positiv aus, allerdings nur langfristig gesehen. Er glaube - und das habe er vermitteln wollen - dass ein zukünftiges Afghanistan
innenpolitisch eine Chance in Frieden zu leben, haben könnte. Er fände es schön, wenn Deutschland, aber auch er persönlich dazu einen wichtigen Impuls habe beitragen können.
Text: Gerd Teßmer